Eine lange Schlange an der Kieler Straße:
Vor den Räumen der Neumünsteraner Tafel stehen die Menschen oft an, um kostenlos Lebensmittel zu bekommen.
Der Aufnahmestopp bleibt weiter bestehen und die ehrenamtlichen Helfer arbeiten am Rande der Erschöpfung.
Der Grund: Die Situation der Einrichtung an der Kieler Straße, die Lebensmittel an Bedürftige abgibt, wird nicht besser – im Gegenteil.
80 bis 90 Familien auf der Warteliste
Seit mittlerweile vier Jahren gibt es einen Aufnahmestopp. 3500 Menschen aus etwa 720 Familien kommen jede Woche zur Ausgabe. Neue Kunden können die 52 ehrenamtlichen Helfer des auf Spenden angewiesenen Vereins nicht mehr aufnehmen. „Die Wartelisten werden länger. Es stehen mittlerweile 80 bis 90 Familien drauf. Aber wir arbeiten schon am Rande der Erschöpfung“, sagt Christina Arpe.
Der Zustand sei überall bekannt, deshalb ärgere sie sich über Mitarbeiter der Stadt oder der Agentur für Arbeit, die Bescheinigungen ausstellen, dass Bürger bei der Tafel Lebensmittel abholen dürfen. „Das bringt gar nichts. Im Gegenteil: Unsere Helfer bekommen dann die Wut der Menschen ab, wenn wir sie trotzdem abweisen müssen. Das kostet unnötig zusätzliche Kraft“, sagt Arpe.
Lebensmittel-Spenden hingegen gebe es ausreichend, immer öfter werde der Tafel sogar deutlich zu viel leicht-verderbliche Ware angeboten.
Sie versuche in solchen Fällen, Sonderöffnungen für alle zu organisieren. Auch das nehme zusätzlich Zeit in Anspruch und belaste die Helfer, sagt Arpe. Sie appelliert daher nicht nur an die Händler, sondern auch an das Konsum-Verhalten jedes Einzelnen: „Man sollte eben nicht erwarten, dass man um 21 Uhr noch das volle Sortiment bekommt, wenn man dann einkaufen gehen muss.“
Ein Viertel der unter 15-Jährigen lebt von Hartz IV
Eine Geldspende gab es zuletzt von der Bäckerei Junge, die 1000 Euro an die Kindertafel übergab. Das ermöglicht zum Beispiel Ausflüge für die Kinder in den Tierpark, auf den Bauernhof oder ins Miniaturwunderland nach Hamburg. Auch an der zunehmenden Zahl der Kinder merkt die Tafel, dass die Lage schlimmer wird: Etwa ein Viertel der unter 15-Jährigen in der Stadt lebt von Hartz IV.
Quelle: Holsteinischer Courier vom 09.07.2019