Die Grundsätze der Neumünsteraner Tafel e.V.

Präambel

Nicht alle Menschen haben ihr tägliches Brot – und doch gibt es Lebensmittel im Überfluss.

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Die Tafeln in Deutschland haben sich auf folgende Grundsätze verständigt: Sie geben einwandfreie Lebensmittel ab, arbeiten überwiegend ehrenamtlich und unabhängig, nehmen eine Münze für die Waren, machen sich gegenseitig keine Konkurrenz (deshalb auch nur eine Tafel pro Stadt) und helfen allen Menschen, die der Hilfe bedürfen. Nur wer diesen Ehrenkodex unterzeichnet, bekommt vom Bundesverband den Namen Tafel verliehen.

Unterstützung

Für die Grundversorgung der Menschen ist der Staat zuständig. Die Arbeit der Neumünsteraner Tafel darf kein Alibi dafür sein, Menschen ihre Hartz IV-Bezüge oder andere Transferleistungen zu kürzen.

Die Neumünsteraner Tafel hilft Menschen, einen gewissen finanziellen Spielraum zurückzugewinnen und sich gesünder zu ernähren. Ziel ist nicht, dass sie mithilfe der Spenden über die ganze Woche kommen. Die Neumünsteraner Tafel finanziert sich  fast ausschließlich durch Sach- bzw. Geldspenden und kann daher nicht garantieren, was und wie viel am Tag verteilt werden kann – mitunter ist es wenig, bisweilen viel. Die Neumünsteraner Tafel kauft keine Waren hinzu, sie gibt ausschließlich Spenden weiter.

Die Neumünsteraner Tafel versucht, die Lebensmittel gerecht zu verteilen – damit auch die Schwächsten der Armen nicht zu kurz kommen.

Gegen Ernährungsarmut

Frisches Obst und Gemüse sind teuer. Gutes Essen gibt es oft nur noch in Kochshows. Wer jedoch in einer Ausgabestelle Kürbis, Kohl und Basilikum bekommt, muss sich etwas einfallen lassen oder bei den gestandenen Hausfrauen und -männern unter den Ehrenamtlichen nach Rezeptideen fragen.

Der ganze Mensch zählt

Ein Lächeln, ein freundliches Wort, ein offenes Ohr. Das gehört genauso zur Neumünsteraner Tafel wie die Verteilung von Lebensmitteln. Was zählt, ist die Begegnung von Mensch zu Mensch.

Bei der Neumünsteraner Tafel helfen Frauen und Männer aus allen sozialen Schichten mit. Der Angestellte im Vorruhestand lernt die Nöte einer alleinerziehenden Mutter kennen, die Dame mit der kleinen Rente holt sich erst Waren ab und backt dann einen Kuchen für die Ehrenamtlichen, der zu Sozialstunden verurteilte Jugendliche begegnet der Herzlichkeit von Menschen mit Autismus. Der Mensch lebt eben nicht vom Brot allein.

Aus Fehlern lernen

Der Neumünsteraner Tafel ist nichts Menschliches fremd. Von einer kleinen Initiative über die Jahre zu einem kleinen Betrieb gewachsen, aber unverändert von Ehrenamtlichen geleitet, passieren immer wieder große und kleine Fehler, werden Menschen enttäuscht und Ideen in den Sand gesetzt. Zur Neumünsteraner Tafel gehört es, dies ehrlich zuzugeben und sich zu entschuldigen. Fehler lassen sich nie vermeiden. Die Kunst ist, sie nicht zu vertuschen, sondern aus ihnen zu lernen.

Kein Alkohol

Oft wollen Spenderinnen und Spender ihren Mitmenschen mit wenig Geld einen besonderen Gefallen tun und Wein, Bier oder Spirituosen spenden. Doch woher sollen die Ehrenamtlichen wissen, ob eine Person ein Alkoholproblem hat und ob ihr und ihren Angehörigen durch die legale Droge Leid zugefügt wird?

Die Neumünsteraner Tafel verteilt daher grundsätzlich keinen Alkohol.

Haltbarkeit ist keine Frage des Aufdrucks

Wenn Medien berichten, die Tafeln verteilen abgelaufene Lebensmittel, dann ist das ärgerlich. Suggeriert wird, die Bedürftigen bekämen nur den Abfall der Gesellschaft. Richtig ist dagegen, dass die Neumünsteraner Tafel voll verzehrfähige Lebensmittel verteilt. In der Regel sind dies neben Obst und Gemüse vor allem Waren, die kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums (MHD) aus dem Verkauf genommen wurden. Das MHD sagt jedoch nicht, dass die Lebensmittel nach dessen Erreichen per se schlecht sind. Es ist kein Verfallsdatum.

Wer hatte nicht schon mal einen Joghurt im Kühlschrank oder eine Konserve im Schrank, die trotz erreichten MHDs noch gut waren? Dagegen war vielleicht ein Käse frühzeitig schimmlig, weil die Packung beschädigt war. Ob Lebensmittel noch gut sind oder nicht, ist keine Frage des Aufdrucks, sondern des Riechens und vorsichtigen Probierens.